Pressemitteilung der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen” in der Gemeindevertretung Wald-Michelbach vom 7.1.2011 zur „Wald-Michelbacher Erklärung“ vom 21.12.2010 Affront gegen kritische Bürger „Das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Kritik an der Arbeit der Mandatsträger bleibt unbestritten. Sie muss aber sachlich bleiben.“ So endet eine Erklärung, die von der Wald-Michelbacher Verwaltung erstellt und von der Gemeindevertretung gegen die Stimmen der drei Abgeordneten Hermann Engesser, Walter Kappes und Horst Mikkat der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei 4 Enthaltungen im Rahmen der Jahresabschlusssitzung verabschiedet wurde. Die im Hau-Ruck-Verfahren erst zu Beginn der Sitzung eingebrachte Wald-Michelbacher Erklärung wurde in einer nicht-öffentlichen Sonntags-Besprechung im Rathaus geplant, zu der Bürgermeister Joachim Kunkel eingeladen hatte. An dieser Sitzung hatten Fraktionsvorsitzende, Gemeindevorstände und Vorsitzende der Parteien teilgenommen. Nach allem was bekannt ist, wurde auf dieser Sitzung dem Bürgermeister eine Blankovollmacht für eine Erklärung gegeben, die dieser von seiner Verwaltung erstellen ließ. Im Ergebnis sollte diese Erklärung der Verwaltung als zusätzlicher Tagesordnungspunkt in der Jahresabschlusssitzung eingebracht und abgenickt werden. So kam es dann auch. Allein die Gemeindevertreter Hermann Engesser und Walter Kappes wehrten sich mit Wortmeldungen gegen diese Erklärung. Engesser erklärte, dass es sich bei den heftiger werdenden Diskussionen um die Zukunft Wald-Michelbachs um ein Problem des Bürgermeisters Joachim Kunkel und einiger Mandatsträger handle, die mit Kritik nicht umgehen könnten. Mit dieser Erklärung würde Kunkel, der Kritiker durchaus rüde, etwa als Geisterfahrer, abkanzelt, Öl ins Feuer gießen. Das könnte dann auch zu härteren Zeiten führen, in denen Betroffene, wie es in der Nachbargemeinde zur Zeit vorgemacht wird, zur Dienstaufsichtsbeschwerde greifen. Man müsse als gewählter Mandatsträger auch während der Legislaturperiode kritikfähig sein. Davon lebe schließlich die Demokratie. „Man muss sich“, so Engesser, „nicht wundern, wenn in der ersten Bürgerversammlung nach acht Jahren zu dem längst entschiedenen Thema „Solardraisine“, die Kritik der Bürger etwas vehementer ausfällt als erwartet.“ Schließlich sei in den letzten Jahren die Forderung nach einer Bürgerversammlung immer wieder geäußert worden. Als dies etwa von einer Besucherin einer Gemeindevertretersitzung gefordert wurde, kam die lapidare Antwort von Bürgermeister Kunkel, er hätte sein Ohr am Mund der Bürger und wisse was vorgeht. Nun scheint er wohl eines besseren belehrt und reagiere beleidigt. Merkwürdig ist nur, dass die bisher veröffentlichten Wahlkampfprogramme Wald-Michelbacher Parteien (SPD, FDP. FW) das Thema „Stärkung der Bürgerbeteiligung“ als wichtig ansehen, obwohl diese Fraktionen in der jetzigen Legislaturperiode praktisch nichts dafür getan haben. Das deutet darauf hin, dass die Bürgerbeteiligung im Gegensatz zu öffentlichen Bekundungen in Wald Michelbach im argen liegt. Dass Bürgermeister Kunkel und Wald-Michelbacher Mandatsträger – und das ist wirklich besorgniserregend – Probleme mit der Demokratie haben, sieht man daran, dass die Wald-Michelbacher Erklärung weit hinter dem Grundgesetz zurückbleibt. Denn dort findet man in Art. 5 (1): „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Zur Meinungsfreiheit gehört eben auch, dass man sagen darf, Bürgermeister Kunkel sei unfähig, die Verkehrsinfrastruktur in Wald-Michelbach nachhaltig zu verbessern (wie auf der Bürgerversammlung geschehen), oder dass Gemeindevorstandsmitglied Gunther Ehmig und seine Mitarbeiter am Bahnübergang in Kreidach gearbeitet haben, was in der Bürgerversammlung zuerst anders dargestellt wurde, oder dass Gemeindevorstandsmitglied Peter Bihn auf dem Dach eines öffentlichen Gebäudes eine Solaranlage betreibt und die Gemeindevertretung erst im nachhinein darüber informiert wurde (ohne dass die Konditionen bekannt sind). Sollten Mandatsträger diese Meinungsäußerungen als unsachliche Kritik oder gar als ehrenrührig ansehen, so sagt dies einiges über sie und ihr verkümmertes Demokratieverständnis aus. Die Betonung der in der Erklärung genannten „kostbaren Freizeit“ der Ehrenamtlichen sagt nichts über die Qualität der Ergebnisse aus. Allein die zur Erstellung der Erklärung verwendete Zeit durch den Bürgermeister und die Verwaltungsmitarbeiter ist, davon ist auszugehen, bezahlte Arbeitszeit. Da hätte man Sinnvolleres tun können. Dreht man den eingangs erwähnten letzten Satz in der Wald-Michelbacher Erklärung um, dann wird ein Schuh daraus: „Das Recht der Mandatsträger (also Bürgermeister, Gemeindevorstände und Gemeindevertreter) auf Kritik an der Arbeit der Bürger bleibt unbestritten. Sie muss aber sachlich sein.“ Wenn sich die Mandatsträger daran hielten, dann könnte man mit einer ernsthaften Diskussion über die Zukunft Wald-Michelbachs beginnen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat bereits Anträge in diesem Sinne eingebracht. Sie wurden jedoch in der Gemeindevertretung abgelehnt.
Hermann Engesser für die Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“