Als ich die letzte Gemeindevertretungssitzung Revue passieren ließ, erinnerte ich mich an eine Glosse, die inzwischen zwei Jahre alt ist:
23.06.2010
Das Überwälder Abnickorgan, ein Beitrag zur Anthropologie des Odenwalds
Nachdem ich mehrfach die Gelegenheit hatte, Wald-Michelbacher Gemeindevertreter bei einer Sitzung zu beobachten, ist mir eine Eigenart aufgefallen, die einer näheren Betrachtung würdig ist. Wann immer der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Herr Breitwieser, einen Antrag im Sinne des Bürgermeisters einbringt, gleichgültig was und wie vorher diskutiert wurde, verfällt eine Mehrheit der Gemeindevertreter in ein merkwürdiges Ritual, ein Nicken des Kopfes, gefolgt von dem Heben eines Armes, meist des linken. Dies erscheint völlig ohne Bezug zu dem vorher gesagten oder einer geäußerten Meinung. Irgendwie erinnert es an den pawlowschen Bedingten Reflex, ohne dass jedoch der auslösende Reiz ersichtlich wäre, sodass diese Erklärung der Verhaltenseigenart weniger wahrscheinlich erscheint. Das prompte und generelle Auftreten dieses Verhaltens schließt eine zufallsbedingte Ursache nahezu aus. Was nun bewegt unsere Abgeordneten? Nach ausführlicher Recherche in der mir zur Verfügung stehenden Literatur fiel mir ein Artikel von Goethe in die Hand, in dem er sich zum Zwischenkieferknochen (Os incisivum) äußerte, einem entwicklungsgeschichtlich wichtigen Bindeglied zwischen Mensch und Affen. Hier nun ließe sich das Rätsel dieses Verhaltens entschlüsseln, Goethe fand den lange vermissten Knochen schließlich. Ich bin mir sicher, denn es sprechen kaum widerlegbare Indizien eine deutliche Sprache, wir werden bei einem Teil der überwälder politischen Klasse eine anatomische Sonderheit finden,- das Abnickorgan. Weitere Forschungen sind nötig. (Literatur beim Autor) Jörg Maletz
30. August,2012, in Erinnerung an den 21.08.2012, Gemeindevertretungssitzung, Wald-Michelbach:
Braucht es noch mehr Beweise für die Existenz dieses spezifischen Organs, das möglicherweise endemisch nur in einigen Inselregionen Deutschlands vorkommen mag? Bei einem Experiment, das in der Gemeindevertretung des idyllischen Odenwaldortes Wald-Michelbach durchgeführt wurde, gab es nur eine Gegenstimme bei einem offensichtlich irrwitzigen Antrag, der die Umbenennung eines eigentlich unbedeutenden Zubringers zu einem "Buddhistischen Kloster" auf den Höhen des unwegsamen Überwalds in "Buddhas Weg" zum Inhalt hatte. Obwohl jedermann wissen kann, dass sich Buddha nachweislich nie im Odenwald aufgehalten hat, er diesen Weg also hat nie beschreiten können, bezeugte das Abstimmungsverhalten der Wald-Michelbacher Gemeindevertreter das Gegenteil. Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären? Doch nur, wenn wir einmal ausschließen wollen, dass die Wald-Michelbacher Gemeindevertretung nahezu in ihrer Gänze dem Irrsinn anheimgefallen sind, durch die unwillkürliche Aktivierung eines sonst rudimentären Organs, das in bestimmten Situationen aus seinem archaischen Schlaf erweckt wird und zu einer bewusst nicht zu kontrollierenden Anteflexion des Zentralorgans der Überwälder Ehrenämtler führt. Forschungsgegenstand wird freilich bleiben, was diesen Reflex des Abnickorgans auslöst, denn die Erklärung dafür ist noch nicht erbracht und der wissenschaftliche Nachweis ist schwer zu erbringen, da die zu untersuchende Population doch relativ klein ist und so statistische Methoden nur schwer anzuwenden sind. Es sei denn, es setzt sich fort, was in der gleichen Sitzung zum Ausdruck kam, dass ein noch irrwitzigerer Antrag, wenn auch mit mehr Gegenstimmen angenommen wurde. Hier lehnte die Gemeindevertretung einen Windpark links des Ulfenbaches mit gewichtigen Argumenten ab, indem sie gleichzeitig, mit eben diesen Argumenten einem Windpark rechts des Ulfenbaches zustimmte. Möglicherweise spielt eine rechts-links Verteilung bei der Reflexauslösung eine Rolle. Jedenfalls könnte eine große Anzahl derartigen Verhaltens, wenn es unter wissenschaftlichen Kriterien beobachtet würde, auch mit statistischen Methoden zu einer wissenschaftlich begründeten Erklärung führen. So gesehen können wir optimistisch in die Zukunft blicken, es wird noch viele Anlässe zum Auslösen dieses Reflexes geben.
Jörg Maletz
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Mark Twain
--- Jörg Maletz ist Sprecher des Vereins "Demokratisches Bürgerforum Überwald" ---